Artikel zum Thema ‘faires Verfahren’

Persönlichkeitsrecht des Beschuldigten und das Recht der Öffentlichkeit auf Information

Immer wieder sehen sich Beschuldigte mit einer breiten Berichterstattung ihres Falles in den Medien konfrontiert.  Die möglicherweise gravierenden Folgen für das weitere Leben sind bekannt. Was soll und darf in diesem Zusammenhang die Staatsanwaltschaft, in deren Händen das Ermittlungsverfahren liegt? In den Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren gibt es eine Regelung. Danach darf eine Unterrichtung von Presse und Rundfunk weder den Untersuchungszweck gefährden noch dem Ergebnis der Hauptverhandlung vorgreifen. Der Anspruch des Beschuldigten auf ein faires Verfahren darf nicht beeinträchtigt werden. Die Staatsanwaltschaft muss zudem in jedem Einzelfall prüfen, ob das Interesse der Öffentlichkeit an einer vollständigen Berichterstattung gegenüber den Persönlichkeitsrechten des Beschuldigten oder anderer Beteiligter überwiegt. Eine Bloßstellung ist zu vermeiden. Über die Anklageerhebung und Einzelheiten der Anklage darf die Öffentlichkeit erst unterrichtet werden, nachdem die Anklage dem Beschuldigten zugestellt worden ist. ( RiStBV Nr.23)

Angekündigtes Zuspätkommen – Gericht darf Berufung nicht verwerfen

Das Landgericht Bonn hat die Berufung eines Angeklagten mit der Folge der Rechtskraft der Entscheidung des Amtsgerichtes  mit der Begründung verworfen, der Angeklagte sei nicht erschienen. Das war im konkreten Fall nicht zulässig. Das Gericht hatte bereits 10 Minuten nach Beginn der Hauptverhandlung von dessen Verteidiger erfahren, dass der Angeklagte  auf dem Weg zur Verhandlung sei und in ungefähr einer halben Stunde eintreffen würde. Kurz vor dem Eintreffen des Angeklagten sprach das Landgericht das Urteil. Das Oberlandesgericht Köln hat darin zu Recht einen Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens gesehen. (OLG Köln, 5.2.13-III-1 RVs 12/13)