Artikel zum Thema ‘Bundesgerichtshof’

Ersatzverteidigung vom BGH wie fehlende Verteidigung gewertet.

Der Bundesgerichtshof hat ein Urteil des Landgerichts  Kassel aufgehoben, das einen Angeklagten verurteilt hatte, obwohl dessen Pflichtverteidiger an einem Hauptverhandlungstag plötzlich erkrankt war. Das Landgericht hatte ihm für diesen Tag, insbesondere für die Vernehmung eines Auslandszeugen einen neuen Pflichtverteidiger beigeordnet , der sich nicht ausreichend auf die Zeugenbefragung hatte vorbeiten können. Das war verfahrensfehlerhaft. Durch die Beiordnung eines neuen Verteidigers sei der Angeklagte nicht sachgerecht und angemessen verteidigt gewesen. Das Landgericht hätte im Rahmen seiner Fürsorgepflicht die Hauptverhandlung  unterbrechen und den Auslandszeugen zu einem späteren Termin erneut  laden müssen,zu dem der bisherige Verteidiger hätte wieder erscheinen können.(BGH 20.06.13, 2 StR 113/13)

Bundesgerichtshof stärkt den Rang der Selbstbelastungsfreiheit

Ein wegen versuchten Totschlags Beschuldigter hatte gegenüber der für ihn zuständigen Ermittlungsrichterin nach deren Belehrung über sein Schweigerecht sowie über das Recht einen Verteidiger hinzuzuziehen, eine spontane Äußerung zum Randgeschehen des Tatvorwurfs gemacht. Das geschah nachdem sein Verteidiger nicht zu erreichen war und er angegeben hatte, von seinem Schweigerecht Gebrauch machen zu wollen. Die Ermittlungsrichterin fragte nach und der Beschuldigte belastete sich daraufhin schwer. Nach der Hinzuziehung seines Verteidigers widerrief  der Beschuldigte sein Geständnis und machte in der Hauptverhandlung von seinem Schweigerecht Gebrauch. Das zuständige Gericht verurteilte ihn aufgrund seiner Äußerungen vor der Ermittlungsrichterin.

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofes war das verfahrensfehlerhaft. Aufgrund des hohen Ranges der Selbstbelastungsfreiheit hätte die Ermittlungsrichterin nicht weiter nachfragen dürfen mit dem Ergebnis, dass die Äußerungen des Beschuldigten für eine Verurteilung nicht zu Grunde gelegt hätten werden dürfen. (BGH 27.06.13, 3 StR 435/12)

Ärzte rechtskräftig wegen des Vorwurfes der Körperverletzung mit Todesfolge und des Betruges freigesprochen

Der Bundesgerichtshof hat ein Urteil des Landgerichts Kempten  bestätigt, das zwei Mediziner vom Vorwurf der Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und des Betruges freigesprochen hat. Den Angeklagten lag zur Last, an einem alkoholkranken, an Leberzirrhose leidenden Patienten ohne genügende Aufklärung eine Leberzelltransplantation durchgeführt und dadurch den Tod des Patienten verursacht zu haben. Darüberhinaus hat die Staatsanwaltschaft den Angeklagten vorgeworfen, der Krankenversicherung des Geschädigten die Abrechenbarkeit ihrer Behandlung vorgespiegelt zu haben, obwohl sie wußten, dass diese nicht vom Leistungsspiegel der Krankenversicherung erfasst war. Das Gericht hat zu Gunsten der Angeklagten eine hypothetische Einwilligung des Geschädigten angenommen, da beide Ärzte irrig davon ausgegangen seien, den Geschädigten ausreichend insbesondere über die Risiken des Eingriffs informiert zu haben. Den Betrugsvorwurf sahen die Richter ebenfalls als nicht erwiesen an, da die Ärzte bereits vor der Abrechnung einen Antrag auf Anerkennung der Vergütungsfähigkeit der durchgeführten Operation gestellt hatten. (BGH 1 StR 320/12, Urteil vom 20.02.13)

 

Beihilfe zur Einfuhr mit Betäubungsmitteln

In einem Fall hatte die Angeklagte ihren Freund begleitet, der aus den Niederlanden Heroin in nicht geringer Menge nach Deutschland gebracht hat. Das Landgericht Wuppertal hatte die Frau zunächst wegen Beihilfe verurteilt. Der Bundesgerichthof hat das Urteil auf die Revision hin aufgehoben. Das Gericht hat ausgeführt, dass das Wissen und die Billigung der Angeklagten des Handelns des Mitangeklagten nicht für die Annahme der Beihilfe zu dessen Tat ausreiche. Eine Billigung der Tat ist nur dann als Hilfeleisten und damit als Beihilfe zu werten, wenn sie dem Täter gegenüber zum Ausdruck gebracht und dieser dadurch in seiner Bereitschaft zu Handeln bestärkt wird. Nichtstun ist keine Förderung der Haupttat.
BGH, Beschluß vom 31.5.12- 3 StR 178/12