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JUGENDSTRAFE?

Jugendstrafe darf nur verhängt werden, wenn schädliche Neigungen oder die Schwere der Schuld nachgewiesen sind.
Eine erneute Begriffsbestimmung durch den Bundesgerichtshof!

Der Bundesgerichtshof hat Strafaussprüche des Landgerichts Zwickau aufgehoben.
Das Gericht hatte zwei Heranwachsende zu Jugend-und Freiheitsstrafen wegen Drogendelikten verurteilt.Dabei hat es rechtsfehlerhafte Feststellungen zur Begründung getroffen.
So hat der Bundesgerichtshof es nicht als ausreichend angesehen, schädliche Neigungen bei einem Angeklagten anzunehmen, nur weil drei bereits verhängte Sanktionen nicht ausgereicht hätten, den Heranwachsenden von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten. Ebensowenig war es ausreichend, die vom Gericht angenommene Schwere der Schuld auf den äußeren Unrechtsgehalt der Tat zu stützen.

Entscheidend im Jugendstrafecht ist vielmehr, inwieweit sich die charakterliche Haltung und die Persönlichkeit sowie die Tatmotivation des Jugendlichen oder Heranwachsenden in vorwerfbarer Schuld niedergeschlagen haben.

Über 3 Promille zur Tatzeit und dennoch voll schuldfähig !

Wie der Bundesgerichtshof in seiner Revisionsentscheidung vom 29.5.12 dargelegt hat, kommt der Blutalkoholkonzentration zur Beurteilung der Schuldfähigkeit um so geringere Bedeutung zu, je mehr andere aussagekräftige psychodiagnostische Beweisanzeichen dem Gericht zur Verfügung stehen.
Im konktreten Fall hatte der vom Gericht beauftragte Sachverständige beim Angeklagten 3,03 Promille zur Tatzeit errechnet. Beim Angeklagten handelte es sich aber auch sonst um einen starken Trinker. So hatte er trotz des Genusses von täglich 3-7 Litern Bier sein Berufsleben ohne jede Einschränkung unter Kontrolle. Die von ihm verübte Tat zeichnete sich zudem durch planvolles und zielgerichtetes Handeln aus.Auch das Nachtatverhalten war von keinerlei Unregelmäßigkeiten begleitet.Da für die Beurteilung der Schuldfähigkeit die Gesamtschau aller wesentlichen objektiven und subjektiven Umstände, die sich auf das Erscheinungsbild des Täters vor, während und nach der Tat beziehen, maßgeblich ist, weist das Urteil keinen Rechtsfehler auf, wenn es im vorliegenden Fall trotz Vorliegen eines sehr hohen Alkoholspiegels von der uneingeschränkten Schuldfähigkeit des Angeklagten ausgegangen ist.
( BGH Beschluß vom 29.5.12 1 StR 59/12)

Alkohol am Steuer und die Folgen….Die Entscheidungskraft der dritten Stelle des Messwertes hinter dem Komma

Im vom Oberlandesgericht Bamberg entschiedenen Fall ist gegen den Betroffenen in einem Bußgeldverfahren gem § 24a StVG wegen Führens eines Kraftfahrzeuges im Straßenverkehr eine Geldbuße sowie ein Monat Fahrverbot verhängt worden. Die Behörde hatte ihrer Entscheidung die Ergebnisse eines ordnungsgemäß durchgeführten Dräger Alcotes 7110 Evidential zugrundegelegt. Die erste Atemalkoholmessung ergab einen Einzelwert von 0,259 mg/l, die zweite einen Einzelwert von 0,248 mg/l. Die Behörde hat daraus einen Mittelwert von 0,25 mg/l errechnet. Dies war falsch. Bei der Bestimmung der vorwerfbaren Atemalkoholkonzentration sind die für den maßgeblichen Mittelwert bereits abgerundeten beiden Einzelwerte mit jeweils drei Dezimalstellen zugrunde zu legen, so dass sich lediglich ein Mittelwert von 0,24 mg/l ergibt und der Betroffene freizusprechen war.
(OLG Bamberg, Beschluß vom 24.5.12 3Ss OWi 480/12)

Beihilfe zur Einfuhr mit Betäubungsmitteln

In einem Fall hatte die Angeklagte ihren Freund begleitet, der aus den Niederlanden Heroin in nicht geringer Menge nach Deutschland gebracht hat. Das Landgericht Wuppertal hatte die Frau zunächst wegen Beihilfe verurteilt. Der Bundesgerichthof hat das Urteil auf die Revision hin aufgehoben. Das Gericht hat ausgeführt, dass das Wissen und die Billigung der Angeklagten des Handelns des Mitangeklagten nicht für die Annahme der Beihilfe zu dessen Tat ausreiche. Eine Billigung der Tat ist nur dann als Hilfeleisten und damit als Beihilfe zu werten, wenn sie dem Täter gegenüber zum Ausdruck gebracht und dieser dadurch in seiner Bereitschaft zu Handeln bestärkt wird. Nichtstun ist keine Förderung der Haupttat.
BGH, Beschluß vom 31.5.12- 3 StR 178/12

Keine Absicht bei Steuerhinterziehung erforderlich

Wie der BGH erneut in einer Revisionsentscheidung betont, genügt für eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung, dass der Täter den Steueranspruch dem Grunde und der Höhe nach kennt oder zumindest für möglich hält und ihn auch verkürzen will. Einer Absicht oder eines direkten Hinterziehungsvorsatzes bedarf es nicht.
Die vom Landgericht verhängte Freiheitsstrafe von einem Jahr, ausgesetzt zur Bewährung war auch aus diesem Grund nicht zu beanstanden.
( BGH Beschluß vom 26.6.12)

Trotz Arbeitszeitbetrug unwirksame Kündigung

Nicht jede Falschangabe in der elektronischen Zeiterfassung rechtfertigt eine ordentliche Kündigung. Das gilt zumindest dann, wenn der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich zur Ableistung von 10 Überstunden im Monat ohne weitere Vergütungszahlung verpflichtet ist und dieses Kontingent nicht ausgeschöpft wird. In einem solchen Fall muß der Arbeitgeber vor Ausspruch einer Kündigung eine Abmahnung erteilen.
(Urteil LArbG Berlin-Brandenburg vom 13.06.12)

Gewalt in der Beziehung

Der Bundesgerichtshof sieht den Tatbestand der vollendeten Nötigung als nicht erfüllt an, wenn der Angeklagte seiner Exfreundin eine Scheinwaffe vorhält, um sie zur zukünftigen Wiederaufnahme der Beziehung zu veranlassen, die Geschädigte dies nur zum Schein versichert und der Verlassene die Waffe zwar weglegt, aber selbst von der Versicherung der Geschädigten nicht überzeugt ist.
(BGH Beschluß vom 19.6.12)

Polizeiliche Überwachung von unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und nachfolgender Sicherstellung

Wenn die Polizei einen Fall des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln überwacht und nachfolgend alle gehandelten Betäubungsmittel sichergestellt werden, so dass keinerlei Gefährdung für die Allgemeinheit mehr besteht, dann ist dies bei der Strafzumessung zu berücksichtigen (vgl. dazu Beschluss BGH 3.5.2011).

Flensburger Punkte und die Entziehung der Fahrerlaubnis

Flensburg ist nicht nur für sein Bier bekannt, sondern auch wegen des Verkehrszentralregisters. Hierin werden mit Akribie die Sünden der Verkehrsteilnehmer dokumentiert. Ist das Punktekonto mit 18 Punkten angefüllt, ist die Entziehung der Fahrerlaubnis unumgänglich, sie erfolgt automatisch, und es kommt eine mindestens sechsmonatige Sperrfrist für die Neuerteilung hinzu sowie die gefürchtete Medizinisch- Psychologische Untersuchung (MPU). Der Führerschein ist abzugeben. Wird Verlust oder Vernichtung des Führerscheins behauptet, um sich im Besitz des Führerscheines zu halten, kann davor nur gewarnt werden. Mit rechtskräftiger Entziehung ist die Fahrerlaubnis erloschen. Wird trotzdem weitergefahren, z.B. unter Vorlage des “verlorenen” Führerscheins, ist eine Strafbarkeit wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis gegeben. Als Verkehrsteilnehmer kann man seine Geschicke in die eigene Hand nehmen und durch ein Aufbauseminar und/oder eine verkehrspsychologische Beratung Punkte abbauen. Bei freiwilliger Teilnahme an einem Aufbauseminar kann man je nach Punktestand zwischen 2 bis 4 Punkte Rabatt erreichen. Wartet man dagegen auf die Anordnung der Teilnahme, gibt es kein Rabatt. Freiwilligkeit wird also belohnt. Für die verkehrspsychologische Beratung wird ein Rabatt von 2 Punkten eingeräumt. Aufbauseminar und Beratung führen jedoch nur einmal in 5 Jahren zum Punktabzug.

Eine weitere Möglichkeit sind Rechtsmittel gegen punktbewehrte Bußgeldbescheide. Diese Variante empfiehlt sich dann, wenn in Kürze die Löschung eingetragener Punkte zu erwarten ist, denn bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Einspruch läuft die Löschungsfrist für die bereits angesammelten Punkte. Dazu sollte man jedoch seinen “Kontostand” in Flensburg kennen und wissen, wann die eingetragenen Punkte rechtskräftig geworden sind. Im Rahmen des anwaltlichen Mandats ist die Abfrage des Punktestandes selbstverständlich. Für weitergehende Fragen zum Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitenrecht stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Autoreparatur? Verweis auf freie Fachwerkstatt unzulässig!

Der BGH weist Kfz-Versicherer gern mal wieder in die Schranken!

Zunehmend verweisen die Kfz-Versicherungen in Unfallangelegenheiten die Geschädigten zur Reparatur ihres Fahrzeugs in eine kostengünstigere Fachwerkstatt. Dies müssen die Geschädigten jedenfalls dann nicht hinnehmen, wenn ihr Fahrzeug drei Jahre oder jünger ist, so der BGH in seiner Entscheidung vom 22.6.2010.

Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls ist schadensrechtlich so zu stellen, wie er stehen würde, wenn es den Verkehrsunfall nie gegeben hätte! Wir stehen Ihnen bei der Geltendmachung Ihrer Schadenersatzansprüche jederzeit gern zur Verfügung!

 

Rechtsanwaltskanzlei

Katrin Zink & Bettina Rudolf