Artikel zum Thema ‘Urteil’

angebliche Vergewaltigung einer Lehrerin – langjährige Freiheitsstrafe

Die Angeklagte hatte einen Kollegen wahrheitswidrig beschuldigt, sie im Jahr 2001 vergewaltigt zu haben. Der Lehrer wurde deshalb zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt, die er vollständig verbüßt hat. Erst in einem späteren Wiederaufnahmeverfahren wurde er schließlich 2011 freigesprochen. Nach seiner Entlassung war er auf Sozialleistungen angewiesen und verstarb frühzeitig im Sommer 2012. Der Bundesgerichtshof hat jetzt das Urteil des Landgerichts Darmstadt bestätigt, das die Lehrerin zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten wegen Freiheitsberaubung in mittelbarer Täterschaft verurteilt hat. ( BGH 22.10.14, 2 StR 62/14)

Kein vollendeter Ladendiebstahl in einem Supermarkt beim Einstecken der Ware in Tüten

Im vorliegenden Fall hatte der Angeklagte in einem Supermarkt sechs Flaschen Whiskey in zwei mitgebrachte Tüten gesteckt, um sie zu stehlen. Er wollte zusammen mit seinem regulär vorgenommenen Einkauf die Kasse passieren, ohne dass die Kassierein auf die Flaschen in den Tüten aufmerksam wird. Als der Angeklagte bemerkte, dass er beim Einstecken der Flaschen in die Tüten beobachtet wurde, hat er diese in der Obstabteilung des Marktes abgestellt und ist davongelaufen. Das Landgericht Aachen verurteilte den Angeklagten deshalb unter anderem wegen vollendeten Diebstahls zu 3 Jahren Freiheitsstrafe. Die gegen das Urteil eingelegte Revision der Verteidigung hatte insoweit Erfolg, als der Bundesgerichtshof feststellte, dass ein vollendeter Diebstahl nicht vorgelegen hat. Der Angeklagte kann deshalb nur wegen versuchten Diebstahls belangt werden.( BGH 18.06.13, 2 StR 145/13)

Ersatzverteidigung vom BGH wie fehlende Verteidigung gewertet.

Der Bundesgerichtshof hat ein Urteil des Landgerichts  Kassel aufgehoben, das einen Angeklagten verurteilt hatte, obwohl dessen Pflichtverteidiger an einem Hauptverhandlungstag plötzlich erkrankt war. Das Landgericht hatte ihm für diesen Tag, insbesondere für die Vernehmung eines Auslandszeugen einen neuen Pflichtverteidiger beigeordnet , der sich nicht ausreichend auf die Zeugenbefragung hatte vorbeiten können. Das war verfahrensfehlerhaft. Durch die Beiordnung eines neuen Verteidigers sei der Angeklagte nicht sachgerecht und angemessen verteidigt gewesen. Das Landgericht hätte im Rahmen seiner Fürsorgepflicht die Hauptverhandlung  unterbrechen und den Auslandszeugen zu einem späteren Termin erneut  laden müssen,zu dem der bisherige Verteidiger hätte wieder erscheinen können.(BGH 20.06.13, 2 StR 113/13)

Urteil wegen volksverhetzenden Wahlwerbespots der NPD rechtskräftig

Das Urteil des Landgerichts Berlin gegen den ehemaligen NPD-Bundesvorsitzenden und den früheren Landesvorsitzenden der NPD Berlin wegen Volksverhetzung zu 10 bzw. 8 Monaten Freiheitstrafe ist rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof hat die Revisionen der beiden Angeklagten verworfen. Den beiden Angeklagten war vorgeworfen worden, in einem Wahlwerbespot in Berlin lebenden Ausländern pauschal kriminelle Neigungen unterstellt und sie für alle in Berlin begangenen Straftaten verantwortlich gemacht zu haben. ( BGH 08.08.13- 5 StR  285/13)

Ärzte rechtskräftig wegen des Vorwurfes der Körperverletzung mit Todesfolge und des Betruges freigesprochen

Der Bundesgerichtshof hat ein Urteil des Landgerichts Kempten  bestätigt, das zwei Mediziner vom Vorwurf der Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und des Betruges freigesprochen hat. Den Angeklagten lag zur Last, an einem alkoholkranken, an Leberzirrhose leidenden Patienten ohne genügende Aufklärung eine Leberzelltransplantation durchgeführt und dadurch den Tod des Patienten verursacht zu haben. Darüberhinaus hat die Staatsanwaltschaft den Angeklagten vorgeworfen, der Krankenversicherung des Geschädigten die Abrechenbarkeit ihrer Behandlung vorgespiegelt zu haben, obwohl sie wußten, dass diese nicht vom Leistungsspiegel der Krankenversicherung erfasst war. Das Gericht hat zu Gunsten der Angeklagten eine hypothetische Einwilligung des Geschädigten angenommen, da beide Ärzte irrig davon ausgegangen seien, den Geschädigten ausreichend insbesondere über die Risiken des Eingriffs informiert zu haben. Den Betrugsvorwurf sahen die Richter ebenfalls als nicht erwiesen an, da die Ärzte bereits vor der Abrechnung einen Antrag auf Anerkennung der Vergütungsfähigkeit der durchgeführten Operation gestellt hatten. (BGH 1 StR 320/12, Urteil vom 20.02.13)

 

Angekündigtes Zuspätkommen – Gericht darf Berufung nicht verwerfen

Das Landgericht Bonn hat die Berufung eines Angeklagten mit der Folge der Rechtskraft der Entscheidung des Amtsgerichtes  mit der Begründung verworfen, der Angeklagte sei nicht erschienen. Das war im konkreten Fall nicht zulässig. Das Gericht hatte bereits 10 Minuten nach Beginn der Hauptverhandlung von dessen Verteidiger erfahren, dass der Angeklagte  auf dem Weg zur Verhandlung sei und in ungefähr einer halben Stunde eintreffen würde. Kurz vor dem Eintreffen des Angeklagten sprach das Landgericht das Urteil. Das Oberlandesgericht Köln hat darin zu Recht einen Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens gesehen. (OLG Köln, 5.2.13-III-1 RVs 12/13)